Der Bekanntheitsgrad von Hermann Obrists (1862-1927) Werk steht in keinem Verhältnis zur seiner kunsthistorischen Bedeutung. In München begründete der gebürtige Schweizer in den 1890er Jahren die deutsche Variante der Jugendstilbewegung, die anspruchsvolles Handwerk der angewandten mit den ästhetischen Ansprüchen der freien, bildenden Kunst verschmolz, was bislang nur einem Fachpublikum bekannt ist.
Erstmals werden die Nachlassteile in der Staatlichen Graphischen Sammlung München und in der Kunstgewerbesammlung des Museum für Gestaltung Zürich im Museum Bellerive zusammengeführt und damit das Gesamtwerk des Zeichners, Bildhauers und Theoretikers greifbar. Mit seinen Brunnen und Grabmälern schuf Obrist die ersten abstrakten Skulpturen. In der Verknüpfung von Bild und zeitgenössischer Wissenschaft zeigt die Ausstellung zudem die Aktualität seines Werks für Kunst, Kunstgewerbe und Wissenschaft unserer Tage. Auch in seiner Auseinandersetzung mit der Fotografie ging Obrist über den traditionellen Begriff des Bildhauers hinaus und erschloss paradigmatisch neue Wege für die Kunst des 20. Jahrhunderts.